Ein Podcast Gespräch bei 5komma1.de

Podcast

Foto: S. Enste

Ich hatte das Vergnügen, dass Sebastian Enste mich besuchte, um mich für seien Podcast 5komma1.de zu interviewen. Dieser Podcast widmet sich allen Ebenen der Kulinarik und hatte schon sehr interessante Gäste zum Gespräch. Sicherlich ist 5komma1.de eine große Bereicherung für die deutsche online Kulinarik Landschaft. Da Sebastian und ich schon seit ein paar Jahren kennen, nahm meine Folge eine ganz eigene Dynamik an. Es war nicht das Ziel, ein klassisches Interview zu führen. Sebastian hatte keine Fragen vorbereitet, wir ließen diesem Gespräch den Raum zur Entwicklung einer eigenen Dynamik. Und ich denke, das hat sich ausgezahlt. Mit 3,5 Stunden ist dies eine durchaus als lang zu bezeichnende Folge, aber ich denke es hätte nicht kürzer sein dürfen. Vieles musste gesagt, über vieles berichtet, manches vertieft werden. Dadurch, dass wir uns die Freiheit genommen haben, etwas hervorragenden Wein dabei zu trinken, ist diese Podcast Folge zu einem Tischgespräch unter Freunden geworden. Und solche Gespräche nehmen immer etwas Zeit in Anspruch. Vielleicht bietet es sich an, dieser Folge mit einem Glas Wein auf dem Sofa zu lauschen – aufgrund der Länge, nimmt dies dann zwar mehrere Abende in Anspruch, aber eventuell mach es ja ausreichend Spaß, dies auf sich zu nehmen. Aber auch Autos, Bahnen, Fitnessstudios und andere Orte können ja adäquat sein, dann vielleicht lieber ohne den Wein. Hoffentlich ist kurzweilig und unterhaltsam. Denn dies ist das wichtigste. Ich hoffe, dass dieses Gespräch einigen hilft, die Weinwelt vielleicht noch ein bisschen besser oder anders zu verstehen. Aber Hauptsache, es macht Spaß!

Spotify:
https://open.spotify.com/episode/5cGIOq0E8WDnTKtc2S1tlA

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Vin Mariani – Koka Wein als Tonikum

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts erinnert den gegenwärtigen Betrachter in der Retrospektive in vielen Entwicklungen an unsere Zeit. Es war eine Zeit rapider Umbrüche, politische Systeme änderten sich, die Wirtschaft revolutionierte sich und der Kapitalismus wurde zum Leitmaxim. Die Räume der Menschen verdichteten sich, nicht nur durch Urbanisierung, sondern auch durch bis dato unbekannte Mobilität. Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten veränderten ebenfalls maßgeblich die Wahrnehmung von Raum. Die Kunst emanzipierte sich von den Vorgaben der Akademien. Und die Wissenschaften waren nicht nur Innovationskraft für neue Erfindungen, sie prägte auch das Denken.

Dieses Jahrhundert war auch ein Jahrhundert des Rausches. Absinth ist wahrscheinlich heute das Getränk, das am stärksten mit dem 19. Jahrhundert assoziiert wird. Es ist verknüpft mit Van Gogh und den Bildern von Toulouse-Lautrec. Die Weine aus Bordeaux weisen mit der Klassifikation von 1855 noch heute in diese Epoche. Die Literatur von Balzac entstand unter dem maßgeblichen Einfluss von Koffein. Und zu dieser Zeit entstand ein Getränk, welches damals berühmte Liebhaber fand, heute jedoch ziemlich in Vergessenheit geraten ist: der Vin Mariani. Vin_mariani_publicite156

Der korsische Chemiker Angelo Mariani brachte 1863 im Alter von 25 Jahren dieses Getränk auf dem Markt, das sich in den nächsten Jahrzehnten als sehr erfolgreich zeigen sollte. Seine Idee war eigentlich einfach. Er nahm Wein aus dem Bordeaux und extrahierte den Wirkstoff aus darin eingelegten Kokablättern. Selbstverständlich galt dieses Getränk nicht als Droge. Er pries es als Tonikum an – ein Mittel zur Stärkung. Es half angeblich gegen so ziemlich alles. Ein englischsprachiges Werbeplakat formulierte es so: „Popular French Tonic Wine. Fortifies and refreshes body and brain. Restores health and vitality.”

Seine erste werbewirksame Anwendung fand Vin Mariani an einer depressiven Schauspielerin – und von nun an begann der Erfolg. Die gipfelte sicherlich in einer von Papst Leo XIII. verliehenen Goldmedaille – was ebenfalls eine drastische Kurskorrektur der katholischen Kirche darstellte. Hatte die Kurie über Jahrhunderte Koka als vom Teufel kommend verdammt, warb nun Mariani mit dem Gesicht des Papstes für seinen Koka Wein. Auch die Päpste Benedikt XV. und Pius X. waren bekennende Anhänger dieses Getränks. Auch berühmte Persönlichkeiten wie Émile Zola, Victorien Sardou, Henri Rochefort and Charles Gounod standen dem Getränk Pate und warben so für den neuartigen Koka Wein. Der französische Premierminister Jules Méline, der sonst sehr ablehnend gegenüber Alkohol war, war diesem Getränk zugetan. Neben dem russischen Zaren soll auch Königin Victoria von England Vin Mariani genossen haben, nicht nur Rheinwein sollte also ihrer Gesundheit dienen.

Mariani_popeNicht nur in Europa war Vin Mariani ein erfolgreiches Getränk. Von Thomas Edinson weiß man, dass er Vin Mariani schätzte, da er dank dessen länger wach bleiben konnte. Und Ulysses S. Grant, Nordstaaten General und späterer US Präsident, soll laut New York Times Vin Mariani getrunken habem, während er seine Memoiren verfasste. Generell schien das Getränk Bedeutung auf der anderen Seite des Atlantiks gehabt haben. Während ursprünglich der Koka Wein einen Kokainanteil von 211,2 mg/L aufwies, wurde er für den Export auf 253,4 mg/L erhöht. Denn mittlerweile fand das Getränk zahlreiche Nachahmer, besonders in den Vereinigen Staaten, und diese verwendeten einen höheren Anteil von Koka für ihre Produkte.

Der heute sicherlich berühmteste Produzent eines solchen Koka Weines war John S. Pemberton, der Pemberton’s French Wine Coca auf den Markt brachte. Sie unterschied sich von Marianis Wein nur durch die zusätzliche Verwendung der afrikanischen, koffeinhaltigen Kola Nuss. Jedoch erreichte bereits 1885 die Temperenzbewegung, dass in Pembertons Heimat Georgia prohibitive Gesetze erlassen wurden. Also sah er sich gezwungen, eine nichtalkoholische Version zu entwickeln. Diese ist bis heute als Coca-Cola bekannt.

Das Ende des Vin Mariani leitete die europäische Drogenpolitik im frühen 20. Jahrhundert ein. Während noch 1916 bei Harrods ein „A Welcome Present for Friends at the Front“ wie selbstverständlich verkauft wurde, das Kokain und Morphium und dazugehörige Utensilien beinhaltete, änderte sich die Haltung der Politik, nach dem viele Kriegsheimkehrer drogenabhängig von der Front zurückkehrten. In Deutschland endete der Verkauf 1920 mit dem Inkrafttreten eines neuen Opiumgesetzes.

Da Mariani das Wissen um die Rezeptur nicht an seine Erben weitergab, ging die Rezeptur verloren. Heute produziert Christophe Mariani, ein möglicher Nachfahre, in Bolivien erneut einen Vin Mariani und hat Evo Morales als Unterstützer gefunden. Das Getränk basiert auf korsischem Weißwein und bolivianischen Kokablatt Extrakt und hat 16% Alkohol. Auch eine mit Champagner versetzte Version ist auf dem Markt. Mit dem ursprünglichen Produkt hat dies jedoch bis auf Flasche und Etikettendesign nichts mehr zu tun. Ein weiterer Produzent bietet, mit peruanischem Koka, ebenfalls einen Vin Mariani an, der mit Wein aus Bordeaux erzeugt wird. Auch wenn hier behauptet wird, es handele sich um das Original Rezept, allein die 22% Alkohol sprechen dagegen. So wie der Absinth zurückkehrte, kommt auch dieses Getränk wieder. Was heute ein Marketinggag ist, verkörperte im 19. Jahrhundert den Zeitgeist.

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Château Angélus in der Domstadt

Thierry Grenié-de Boüard von Château Angélus ermöglichte im „maiBeck FÜR DICH“ in Köln einer kleinen Anzahl von geladenen Fachbesuchern einen Blick auf mehrere Jahrgänge sowohl des Grand Vins des Familienweingutes als auch ihres Zweitweines.
Angélus bedarf eigentlich nicht vieler Worte, gehört es doch zur Spitze der Weingüter von Saint-Emilion. Schon lange war es als Premier Grand Cru Classé B klassifiziert, bei der Reklassifizierung von 2012 ist es in den Rang eines Premier Grand Cru Classé A aufgewertet worden. Es  steht nun mit dem im gleichen Jahr aufgewerteten Château Pavie auf einer Stufe mit den legendären Weingütern Château Ausone und Château Cheval Blanc. Interessant ist, dass die Klassifizierung in Saint-Emilion definierte Weingärten umfasst, ganz im Gegensatz zum Médoc, wo 1855 die Weingüter und nicht deren Lagen klassifiziert wurden. Für Angélus bedeutet dies, dass von den rund 42 Hektar, die das Weingut besitzt, nur rund 27 Hektar für den Grand Vin genutzt werden dürfen.

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Foto: P. Jakob

Der Rebsortenspiegel umfasst 60% Merlot, die dominierende Rebsorte des rechten Ufers, und 40% Cabernets, wobei die absolute Mehrheit mit Cabernet Franc bestockt ist und nur wenige Prozent Cabernet Sauvignon darstellen. Letztere soll in Zukunft übrigens durch Petit Verdot ersetzt werden, dies stellt eine Anpassung an den Klimawandel dar. Die Lagen des Grand Vin befinden sich rund um das Château, welches auf dem berühmten Plateau von Saint-Emilion liegt. Somit handelt es sich um Kalksteinböden mit einer Lehmauflage.
Die Familie de Boüard ist schon in der 8. Generation in der Region und ihr gehörte die Domaine de Mazerat. Nach dem Zweiten Weltkrieg benannte man das Weingut nach der 1924 erworbenen Parzelle Clos de l’Angélus in Château Angélus um. Seit rund vierzig Jahren wird versucht, auf den Einsatz von chemischen Mitteln im Weinberg zu verzichten. Letztes Jahr ging man konsequent in Richtung biologischem Weinbau, in drei Jahren erfolgt dann die Zertifizierung. Biologischer Weinbau stellt eine gewisse Schwierigkeit in der Region dar, da auf Grund des maritimen Klimas mit seinen starken Wetterschwankungen in schwierigen Jahren eine größere Häufung an Rebkrankheiten auftritt. Da laut EU Verordnung im 5-Jahres-Mittel nur 4 kg Kupfer pro Hektar pro Jahr eingesetzt werden dürfen, sorgen Jahre wie 2018, in dem es viel Peronospera (Falscher Mehltau) gab, den man im biologischen Weinbau ausschließlich mit Kupfer bekämpft, für große Probleme. Häufen sich solche Jahrgänge, wird es schwierig ohne massivste Verluste Weinbau zu betreiben. Jedoch zeigt der Jahrgang 2018 auch, dass mit konventionellem Weinbau die Situation nicht besser ist. Auf Clos de Boüard, einem weiteren Weingut der Familie, erlitt man einen Verlust von fast 85%, und dies, obwohl man hier nicht biologisch arbeitet.

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Foto: P. Jakob

Eine interessante Anmerkung kam auf die Frage nach dem Einsatz von Pferden. Diese nutzt man zum Teil auf Angélus, um eine Verdichtung der Böden durch den Einsatz von Traktoren zu vermeiden. Dies ist mittlerweile nicht so selten anzufinden. Interessant ist, dass man in Saint-Emilion die Pferde für diesen Einsatz mietet. Während viele Weingüter des linken Ufers ausreichend Ländereien besitzen, um auf diesen auch Pferde halten zu können, ist dies auf dem kleinteiligeren rechten Ufer nur schwer möglich. Da meist die klassifizierten Lagen rund um das Weingut liegen, sind Erweiterungen nur sehr schwer möglich, ohne Teile der Lagen zu roden. Was ökonomisch nicht sinnvoll ist.
Da wie bereits gesagt nur 27 Hektar in den Grand Vin einfließen, bleiben noch rund 16 Hektar weitere Lagen über. Diese sind über die Region von Saint-Emilion verteilt und spiegeln so dessen Vielfalt wider. Diese werden für den Carillon de l’Angélus genutzt, dem zweiten Wein des Weinguts. Er ist daher eher ein eigenständiger Wein, da er aus anderen Lagen als der Grand Vin stammt. Während Angélus ein Vin de Garde ist, ist der Carillon für einen früheren Konsum gedacht. Dies wurde in Verkostung deutlich. Der 2016 war noch etwas verschlossen, zeigte sich aber nicht sperrig. Die Qualität des Jahrgangs wurde deutlich, das Tannin ist reif, die Säure gibt Balance. Strukturell etwas kräftiger und voller. Der 2015 dagegen war jetzt schon präsent, was sicherlich dem warmen Jahrgang geschuldet ist. Das Tannin ist reif, die Säure mild, Frucht und Holz zeigen sich balanciert und machen den Wein schon jetzt zu einem hedonistischen Vergnügen. Auch der 2014 ist jetzt schon zu trinken, zeigt sich jedoch noch etwas prägnanter in der Säure. Dagegen ist er aromatisch eigentlich schon gut entwickelt. Hier spiegelt sich der Jahrgang wider, der einen klassischeren Bordeauxstil zur Folge hat. Ich persönlich bevorzuge diese Stilistik.

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Foto: P. Jakob

Dann folgte der 2014er Château Angélus, der sich noch viel zu jung und verschlossen zeigte. Diesen sollte man frühestens in zehn Jahren beginnen zu trinken. Dem Wein verlieh der jahrgangsbedingt höhere Cabernet Franc Anteil ein wunderbares Spannungsverhältnis, gab Frische und ergänzte das Aromenspiel um eine feine Jodigkeit, leichte Noten von Piment d’Espelette und roter Paprika. Der folgende 2011er zeigte sich in einem Stadium, das zu einer ersten Trinkreife hindeutet. Die Primäraromatik schwindet langsam, der Wein gewinnt an Komplexität. Hier zeigen sich etwas harte Tannine, die auch mit weiterer Flaschenreife nicht reif werden – denn unreif bleibt unreif. Jedoch steht dies dem Wein recht gut, gibt es ihm doch Markanz am Gaumen. Danach kam mit 2010 ein Wein, den Thierry Grenié-de Boüard zu Recht einen Blockbuster nennt. Hier findet man viel: Kraft, reifes Tannin, eine konturierende Säure, Druck – nicht zuletzt dank 15,5% Alkohol, der auch eine gewisse Süße verleiht. Dieser Wein sollte momentan besser noch nicht getrunken werden, denn vieles dessen, was dieser Wein hat, zeigt er nur im Ansatz. Mir persönlich wurde hier deutlich, wie schwierig ich diese Blockbuster zumindest in diesem Stadium eigentlich finde. Denn der präsentierte 2006er Angélus war für mich eigentlich zu diesem Zeitpunkt der schönste Wein. Noch ist Frucht da, die Tertiäraromatik spielt aber schon eine wichtige Rolle. Dank der feinen Säurestruktur und den leicht adstringierenden Gerbstoffen zeigt er sich mit Frische und Finesse. Ich finde solche Weine sehr elegant und klassisch. Jedoch sind dies Weine, die man nicht zu lange reifen lassen sollte. Ich denke, der Weine wird sich noch 10 Jahre in diesem Stadium befinden, dies sollte auch das Trinkfenster sein, es sei denn man liebt wie ich auch die Dominanz der reinen tertiären Aromatik.
Zuletzt gab es noch den Angélus 2000 zu probieren, ein Wein, für den dasselbe gilt. Interessant war es zu sehen, wie sich dieser Jahrgang nun präsentiert. Galt er, als der Jahrgang auf den Markt kam, doch als einer der ganz großen Jahrgänge. Hier spielte sicherlich das Millenium als emotionaler Faktor mit hinein. Heute sieht man, wie auch bei diesem Angélus, dass 2000 sicherlich nicht das hält, was dem Jahrgang damals zugeschrieben wurde. Ich teile die Ansicht von Thierry Grenié-de Boüard, dass sich der damals eher etwas runtergeschriebene Jahrgang 2001 heute im Vergleich mit 2000 als der bessere zeigt.

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Clos des Papes – Altmeister des Châteauneuf-du-Pape

Neulich hatte ich das große Vergnügen an einer großen Clos des Papes Verkostung teilnehmen zu können. Dieses legendäre Weingut aus Châteauneuf-du-Pape ist im Besitz der Familie Avril, die auf eine Tradition in der Region bis ins frühe 18. Jahrhundert zurückblicken kann. Somit hat sie als Familie die Geschichte dieser Region mitgeschrieben  – der erste Paul Avril (heute leitet mit Paul Vincent Avril der dritte Paul in Folge die Geschicke des Gutes) füllte seine Weine bereits 1896 unter dem Namen Clos des Papes. Zu dieser Zeit war es normal, die Weine an Handelshäuser zu verkaufen. Auch war er nicht unmaßgeblich an der Schaffung der Appellation Châteauneuf-du-Pape beteiligt, der ersten AOC Frankreichs. Vielleicht ist es diese tiefe Verwurzelung mit dem Anbaugebiet, die bei Clos des Papes dafür gesorgt hat, dass man bis heute einige moderne Entwicklungen lieber meidet. Neben dem kleinen Vin de France, dem Le Petit Vin d’Avril, werden genau zwei Châteauneuf-du-Pape erzeugt, ein roter und seit 1955 ein weißer. Entgegen des Trends gibt es keine Abstufungen, keinen Einstiegs-, keine Lagen- oder Luxuschâteauneufs. Genau zwei AOC Weine.20190127_133251

Auch in der Produktion ist man eher traditionell, wenn man die Traditionen weiter in der Zeit zurückdenkt. Ansonsten könnte man es auch als Modernität denken, eine Modernität mit Bezug zu historisch Bewährtem. Im Weinberg wird Wert auf geringe Erträge gelegt, bei den jungen Anlagen um die 28 hl/ha, bei den alten Anlagen nur rund 21 hl/ha. Die Trauben werden stets entrappt (was dann doch recht modern ist). Nach einigen Versuchen mit Schönung und Filtration hat sich die Familie Avril mit dem Jahrgang 1988 entschieden, auf Filtration komplett zu verzichten und nur bei Jahrgängen mit recht harter Tanninstruktur, die Weine zu schönen. Seit 2010 ist das Weingut bio-zertifiziert und arbeitet mittlerweile biodynamisch.

Die Lagen des Weinguts in 24 Parzellen verteilen sich über die gesamte Region, von flussnahen Weinbergen bis hin zum Plateau von La Crau. So finden sich sandige oder kiesige Böden wie auch steinige und Kalksteinböden. Aus dieser Vielzahl an Formationen, die insgesamt rund 35 Hektar umfassen, stammen die Trauben für die Weine. 4 Hektar davon dienen dem Weißwein.
Für die Rotweine wird hauptsächlich Grenache genutzt, dazu kommt ein recht hoher Anteil an Mourvèdre und Syrah. Ergänzt mit einem sehr kleinen Anteil von Muscardin, Counnoise und Vaccarèse. Die Weißweine bestehen zu gleichen Teilen aus Grenache Blanc, Roussanne, Clairette, Bourboulenc und Picpoul. Bei allen Weinen werden die Trauben zusammenvergoren, das heißt, dass es sich nicht um Cuvées handelt. Hierdurch will man einen höheren aromatischen Komplexitätsgrad erreichen. Dies geschieht temperaturgesteuert im Stahl. Danach werden die Weine noch 15 Monate in großen Holzfässern ausgebaut. Dem Trend zu neuem Holz hat man sich immer verweigert.

Doch nun noch ein paar Worte zu der Verkostung. Ich werde nicht groß auf die Weine im Einzelnen eingehen, da sich einige Flaschen nicht im perfekten Zustand präsentierten. Es wäre in einem solchen Falle unfair, ein Urteil zu fällen, dass sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht aufrechterhalten lässt. Auffällig war, dass man Entwicklungen bei Clos des Papes gut aus den einzelnen Flights ablesen konnte. Und das war das wirklich Faszinierende: Ein Blick in die Geschichte eines Weinguts zu werfen. 20190131_165901

Zum Auftakt gab es den Châteauneuf-du Pape blanc aus den Jahrgängen 2003, 2004 und 2006. Hier zeigte sich klar die Jahrgangscharakteristik, was bei einem immer gleichen Rebsortenspiegel völlig logisch ist. 2003 eher etwas fülliger, aber nicht fett, mit feiner Phenolik. 2004 mit etwas mehr Säure. Der 2006er schien dagegen ein Flaschenproblem gehabt zu haben und zeigte sich schon recht entwickelt. Ein später noch zwischengeschobener 1977er blanc, dem drei Tage vorher der Korken in die Flasche gefallen war, zeigte sich zwar mit einem klar oxidativen Ton im Duft, aber mit viel Markanz am Gaumen.
Der zweite Flight – ab jetzt in rot – aus 1975 und 1976 zeigte, dass in der Vergangenheit die Weine der Region weniger opulent und kraftvoll waren und sich eher durch Eleganz hervortaten. Beim 76er konnte man dies leider nur noch von der Struktur ableiten, der 75er dagegen zeigte sich mit einer Feinheit und einem Schliff, den man vielleicht eher mit einem Pinot Noir in Verbindung gebracht hätte (oder liegt es daran, dass in der Vergangenheit gerne Rhône Weine im Burgund verschnitten wurden, um mehr Struktur zu bekommen?). Der Flight aus den 80er Jahren (1983, 1985 und 1988) zeigte dann etwas mehr fruchtbetonte Weine. In diesem Flight stach der 88er hervor, der im Gegensatz zu den beiden anderen Weinen nicht geschönt und filtriert war. Man merkte dies deutlich, sowohl im Entwicklungsstadium als auch in der Struktur. Die 90er Jahre und die frühen 2000er zeigten eine Tendenz zu mehr Konzentration auf (1994,1995,1998, 2000, 2001, 2003, 2005, 2006, 2008). Während der 2000er sich von den anderen Weinen abhob, zeigte sich besonders der 2003 als schon sehr weit entwickelt. Aber generell erschien es uns, dass die Weine dieser Ära sich weniger positiv entwickeln werden, die Weine der 90er Jahre sicherlich besser als die der frühen 2000er. Leider fehlte der hochgerühmte 2007er – er hätte vielleicht den Eindruck etwas verändern, oder erst recht bestätigen können. Der 2008er, aus einem eher schwierigeren Jahr, zeigte dann eine Finesse, die eher an die 70er Jahre erinnerte. Dieser Eindruck blieb auch bei den beiden letzten Weinen aus den Jahren 2013 und 2014. Beide zeigten sich eher von einer eleganteren Seite. Wobei man auch hier konstatieren muss, dass es sich um witterungsbedingt kompliziertere Jahrgänge handelte, 2014 war sicherlich der schwierigste Jahrgang seit 2008, und ein Gegenpart aus 2015 oder 2016 fehlte. Diese hätten dann das Gesamtbild vervollständigt. Dies wird aber von mir dann zu einem anderen Zeitpunkt nachgearbeitet.

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Avantgarde

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Foto: P. Jakob

In der Weinbranche zu arbeiten, bedeutet – wenn man es denn ernst meint – nach Gerhard Schröders Maxim des „lebenslangen Lernens“ zu leben. Man muss sich kontinuierlich sowohl mit den Weinen dieser Welt beschäftigen und auch mit den theoretischen Grundlagen. Nur wer versteht, wie Weine erzeugt werden können, kann letztendlich auch das beurteilen, was im Glas vorzufinden ist. Schon als ich mich entschied, den Schritt weg von der Geschichtswissenschaft hin zur Weinwelt zu gehen und den Weinakademiker (das Diploma in Wines and Spirits) zu absolvieren, fiel mir auf, wie schwierig es eigentlich ist, sich einen guten Überblick über die Weine der Welt zu verschaffen. Es ist ein hoher Aufwand notwendig,  finanziell und logistisch,  um sich die Länder und Regionen dieser Welt sensorisch zu erschließen. Und hierbei ist man oft finanziell zu limitiert, um auch die Spitzen der Weinwelt zu erklimmen. Hin und wieder begegnet man dann den Leuchttürmen dieser Weinwelt, aber nur selten findet man sie geballt an einem Ort. Meist sind das Weinproben, die von Sammlern organisiert sind, die dann den angemessenen Preis kosten –  wer verschenkt schon die edelsten Gewächse? Es ist also für die meisten in dieser Branche eher ungewöhnlich, an solch einer Runde zu partizipieren. Bleiben die Weinveranstaltungen – und hier gibt es zwei Typen: die Präsentationen und die Messen. Letztere sind kein wirklich geeigneter Ort, um sich Themen zu erschließen. Messen sind Verkaufsveranstaltungen. Messen sind voll. Man steht lange an einzelnen Ständen, um einen Schluck Wein ins Glas zu bekommen. Sie sind gut um sich einen Überblick zu verschaffen – eine gewisse Tiefe ist aber hier unerreichbar. Die Präsentation hingegen (seien es Verbände oder Regionen die sich hier dem Publikum stellen) ermöglichen es besser, sich einem Thema mit einer gewissen Tiefe zu nähern. Man lernt verschiedene Stile kennen oder versteht wie Regionen sich in ihrer Binnenstruktur unterscheiden. Aber sie sind nun mal thematisch festgelegt.

Die bisher einzige Veranstaltung, die diesen Rahmen sprengte und eine internationale Breite und Tiefe an Weinen in Deutschland dem Publikum näherbrachte ist die Véritable in der Pfalz. Hier zeigen Uwe Warnecke und Co. im Weingut Aloisiushof, was eigentlich möglich ist. Schnell sprach es sich herum, dass dies die beste Weinveranstaltung der Republik ist. Mit der Konsequenz, dass es leider auch hier in den letzten Jahren sehr voll war. Zu Recht natürlich, denn noch nie ist in Deutschland in so einem Rahmen die Spitze der Weinwelt zu verkosten gewesen. Von Château Montelena, über Sassicaia und Ornellaia, bis hin zu Bonneau du Martrays. Die Liste der großen Namen ist lang.

20161122_170819_resizedNun wurde das Angebot in dieser Richtung erweitert und sogar noch ein bisschen gesteigert. Der Meiniger Verlag hat im Rahmen seines Sommelier Summits eine neue Veranstaltung ins Leben gerufen: Meininger‘s Finest 100.
Der Name ist Programm. Einhundert Spitzenerzeuger aus Deutschland und der Welt (wobei es sich doch vorwiegend um europäische Erzeuger handelte) präsentierten Ende November 2016 ihre Weine im Saalbau von Neustadt an der Weinstraße. Die Halle bot viel Platz und somit eine sehr gute Atmosphäre für die Verkostung. Die Zahl der Besucher stand mit der Anzahl der präsentierenden Weingüter in einem guten Verhältnis. So war es erstens möglich, konzentriert die Weine zu verkosten und zweitens auch viele vertiefende Gespräche mit den Vertretern der Weingütern zu führen. Dieser Rahmen ist der mithin professionellste den ich bisher bei einer Weinveranstaltung mit Tischpräsentation erlebt habe. Brillant auch die Kooperation mit Riedel, die einzelne Glasstationen aufstellten und zu den jeweiligen Weinen die passenden Gläser zur Verfügung stellten. So konnte man sich entscheiden, ob man lieber mit einem Verkostungsglas (hier bot sich das Riedel Riesling/Zinfandel Glas an) oder mit einem passenden Glas die jeweiligen Weine erleben wollte.

Eine solche Veranstaltung bedarf natürlich, um sich direkt als eine der Leitveranstaltungen Deutschlands zu etablieren, eines Paukenschlags. Und der gelang vortrefflich. Albert Kierdorf nutzte die Gelegenheit, sich als neuen Importeur der Domaine de la Romanée-Conti zu zeigen und schenkte neben den 2012er Echézeaux und Romanée St. Vivant (letzterer übrigens ein schlafender Titan) auch den 2000er La Tâche aus – um zu zeigen, wie elegant und verführerisch solch ein Wein mit etwas Reife auch aus einem nur mittleren 20161122_141714_resizedJahrgang ist. Selten dürften gleichzeitig so viele Bilder von DRC Weinen in den sozialen Medien zu finden gewesen sein. Direkt neben ihm stand Laurent Ponsot persönlich und präsentierte seine nicht minder bewegenden und beeindruckenden Weine. Kann man eine Veranstaltung besser bekanntmachen als mit diesen beiden Weingütern? Ich glaube nicht.

Aber es geht ja nicht nur um Burgund – wer sich z.B. ein Bild von der Spitze der Champagne machen wollte, konnte dies hier problemlos tun: nebeneinander standen Champagne Geoffroy, Jacquesson, Eric Rodez, Bollinger, Roederer, Krug und Agrapart. Da hat man schnell einmal die Benchmark für Spitzenchampagner erarbeitet.

Wunderbar auch eine Vertikale von Château Pontet-Canet. Es ist immer wieder lehrreich, verschiedene Jahrgänge eines Weinguts zu verkosten. Denn so sieht man die Eigenarten von Jahrgängen und dazu die Handschrift eines Weinguts, also das, was über die Jahrgänge hinweg, den Charakter der Weine auszeichnet – sei es das Wirken eines langjährigen Kellermeisters, einer gelebten Konsequenz im Weingarten oder das ominöse Terroir.

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Foto: P. Jakob

An dieser Stelle möchte ich nicht sämtliche Weingüter erwähnen, deren Weine ich probiert habe – erwähnen möchte ich aber auf jeden Fall nicht nur die exzellenten Weine sondern die intensiven Gespräche bei Zind Humbrecht und Riecine. Sie sollen exemplarisch für die Güte und fachliche Tiefe dieser Veranstaltung stehen.

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Foto: P.Jakob

Obwohl ich konsequent durchverkostet hatte, war es mir nur möglich einen Bruchteil der Weingüter zu verkosten. Dies war mir aber schon im Vorfeld klar, als ich die Liste der Güter und der präsentierten Weine studiert hatte. So war ich auch gut vorbereitet. Denn wenn sich einem eine solche Möglichkeit bietet, sollte man sie auch konsequent nutzen. Daher hatte ich mir genau überlegt, welche Schwerpunkte ich nun für mein MW Studium setzen muss. Denn nur mit Struktur kann man zielgerichtet lernen. Und Meininger’s Finest 100 hat die Lernstruktur für die Weinbranche massiv verbessert und Hand in Hand mit der Véritable gezeigt, dass das Zentrum Deutschlands nicht Kassel in Deutschlands Mitte oder Berlin als Hauptstadt sind, sondern die Pfalz ist. Wenn es um Wein geht, ist man hier die Avantgarde.

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Panta rhei

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Foto: P. Jakob

Kurz vor dem Erscheinen des aktuellen Fallstaff Weinguides, bat Ulrich Sautter Verkoster des Weinguides um eine Anekdote, die ihnen von den Verkostungen nachdrücklich in Erinnerung geblieben ist. Er wollte dies in den Vorankündigungen nutzen. Da dies dann doch nicht umgesetzt wurde, nutze ich diese Gelegenheit, den Text wiederzugeben. Denn es war für mich ein besonderer Augenblick:

„Als ich Pfingsten diesen Jahres in Franken war, besuchte ich Benedikt Baltes. Wir fuhren in den Schlossberg, sahen uns seine Lagen an und auch die von Fürst. Während des Gangs durch die imposante Steillage erzählte mir Benedikt von einem Winzer, der bereits in den 80er Jahren begann sich intensiv um die Flora und Fauna in seinen Lagen zu kümmern. Er benutzte keine chemischen Mittel, beschäftigte sich mit Messungen des Wetters, um sich langfristig der klimatischen Bedingungen im Schlossberg gewahr zu werden. Die Geschichte war faszinierend. Doch stellte ich alsbald fest, dass ich leider den Namen dieses Winzers vergessen hatte.
Dann saß ich beim Falstaff und verkostete Weine. Es war Katjas Geburtstag und als Geburtstagsgeschenk wurde uns die Kollektion  von Benedikt Baltes gegönnt. Erwartungsgemäß eine großartige. Doch da standen noch Weine eines anderen Klingenberger Winzers. Ich kannte ihn nicht. Doch sah der Verkostungsverlauf es nicht vor, dass wir diese Weine auch noch verkosten würden. Als ich zum nächsten Termin nach Köln kam standen sie immer noch da. Es lag dazwischen nur ein Verkostungstag und es fand sich wohl keine Gelegenheit die Weine zu verkosten. Also nahm ich mir vor, dies zu tun. Es faszinierte mich, dass auf den Etiketten die selbe Klingenberger Ansicht war, die auch auf den Etiketten des Weinguts der Stadt Klingenberg – Benedikt Baltes waren. Wie ich anhand eines Weines sehen konnte, nutzte der Winzer diese Ansicht schon länger, doch in der Vergangenheit kaum wahrnehmbar im Kopf des Etiketts. Die Etiketten wurden wohl in den letzten Jahren modernisiert. Dabei sahen sie doch immer noch ziemlich od school aus Kein Vergleich zu den modernen und perfekt designten Etiketten der Baltes Weine. Ich war nun neugierig. Was würde mich erwarten? Ich verkostete die Weine mit Iris. Wir öffneten die erste Flasche, gossen ein und rochen am Glas. Die Neugier wurde belohnt. Es zeigte sich ein Wein, der uns sofort begeisterte. Zug, Frische, alles ziemlich stimmig. Kein Gigant, aber ein Wein der das Herz berührt. Der nächste Wein, das selbe Erlebnis, das selbe Gefühl. Es zog sich durch die Weine. Es wurde immer besser. Die Weine kommen nicht an die Qualität von Baltes oder Fürst heran – aber sie erreichen ebenfalls das Herz. Hier ist so vieles richtig, so vieles stimmig. Dann fragte Iris, ob es sich hier denn um einen jungen Winzer handele? Dann wäre das doch etwas für die Talente. Ich sah nach. Wie war nochmal der Name? Ja, Wolfgang Kühn. Ich ging auf die Website und dabei fiel es mir wieder ein. Das, was mir Benedikt erzählte. Ich verstand langsam. Danach brachte ich es mit den Ideen von Thierry Germain von der Domaine Roche Neuves in Verbindung, den erst kurz davor an der Loire besucht hatte. Er erzählte mir damals, wie die Wiederbelebung des Bodens, die Pflege der Flora und Fauna seinen Weinen Vitalität gegeben hätten. Wie er dadurch die phenolische Reife um fast zwei Wochen früher erreicht habe. Und wie dadurch die Weine im Alkohol gesunken wären. All dies fand ich ja in den Weinen von Wolfgang Kühn. Niedrige Alkoholwerte, Reife, Balance. Thierrys Worte wurden hierdurch an einem weiteren Beispiel exemplifiziert. Ich war begeistert. Ich bin begeistert. Die Weine Wolfgang Kühns müssten eigentlich viel bekannter sein. Großartige Qualität. Kleiner Preis. Eine schon lange währende Idee des nachhaltigen Weinbaus – ohne Nachhaltigkeit als Marketing zu verstehen. Einfach aus einer Verbundenheit mit seinem Weinberg heraus. Aus Verbundenheit mit der Natur. Ich muss für mich konstatieren – egal welchen Wein ich verkostet habe, mögen es noch so großartige Weine gewesen sein, denen ich 95 oder mehr Punkte gab, diese kleine Begebenheit hat mich mehr bewegt. Es war und ist für mich der flüssige Beweis, dass Wein nur dann zu seiner vollen Blüte kommt, wenn man seine natürliche Umgebung respektiert und pflegt. Benedikt sagte mir später einmal, dass Wolfgang Kühn wohl einen Nachfolger für seinen Kleinbetrieb suche. Da wurde ich doch etwas melancholisch, dass ich nicht viel früher von diesen Weinen erfahren hatte.“

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Bandol – Heimat der Mourvèdre

Weinberge Bandol

Foto: P. Jakob

Fährt man mit dem Schiff von Marseille Richtung Osten an den Calanques entlang, erreicht man eine kleine Hafenstadt, die einer Weinbauregion ihren Namen verleiht: Bandol. Wahrscheinlich kennen sie mehr Rennsportfans als Weintrinker, liegt doch mitten in ihrem Herzen der Ort Le Castellet, wo eine legendäre, nach dem berühmten Pastis Produzenten Paul Ricard benannte Rennstrecke beheimatet ist. Die kongenialen Antipoden Nikki Lauda und James Hunt gewannen hier, und Ende der 80er Jahre siegte der französische Formel 1 Fahrer Alain Prost gleich dreimal in Folge.

Von dem malerischen, auf einem Hügel gelegenen Ort Le Castellet hat man einen guten Blick auf das Weinbaugebiet. Anders als in weiten Teilen der nicht ferne liegenden südlichen Rhône, ist die Landschaft von Hügeln geprägt. Rebstöcke finden sich hier nicht nur in der Ebene, auch die Berghänge dienen dem Weinbau. Und mitunter sieht man Lagen, die selbst ein Moselwinzer als Steillagen durchgehen lassen würde. Bandol zeichnet sich so durch eine ungewöhnlich hohe Terroirdiversität aus – besser ist die Vielzahl an Faktoren, die im Weinberg eine Rolle spielen kaum zu benennen. Es finden sich unterschiedliche Bodentypen, die Einfluss auf den Nährstoffgehalt der Reben wie auf den Wasserhaushalt haben. Die unterschiedliche Lagenexposition zur Sonne beeinflusst den Reifezyklus der Trauben. Generell finden sich sehr unterschiedliche Mikroklimata in den Weinbergen. Dies sind alles allgemeingültige Faktoren im Weinberg – im Bandol fällt nur die Vielfalt der Unterschiede deutlich ins Auge.

Wo eine solche Diversität herrscht, findet sich unweigerlich auch eine Vielzahl unterschiedlicher Rebsorten. Die Mourvèdre gilt als die Leitrebsorte des Bandols – die aus ihr gewonnen Rotweine begründeten seinen Ruf. Mindestens 18 Monate muss der Wein für die Appellation Bandol im Holz ausgebaut werden. Lange Zeit galten daher die Rotweine dieser Region als rustikale Weine, die sich erst nach einer kleinen Ewigkeit zur Trinkreife hin entwickeln. Diesen Stil findet man gelegentlich noch, beispielsweise bei der Domaine Le Galantin. Doch die meisten Weingüter haben sich einer moderneren Weinbereitung zugewandt. Grob lässt sich das Gebiet in zwei Kategorien festmachen: Weine mit eher bordelaisem Charakter und solche von mehr burgundischer Natur. Was nun nach typischen Phrasen klingt, lässt sich am besten an Hand von Weingläsern belegen und erleben:
Der rote Bandol mit eher bordelaisem Stil findet zu aromatischer Vollendung im klassischen Bordeauxglas. Er ist von dichter Struktur, mit kräftigem Tanningerüst und vom Ausbau in neueren Barriques geprägt. Château de Pibarnon oder Domaine de Terrebrune sind gute Beispiele für diesen Stil. Daneben gibt es aber auch Weingüter, die weniger kraftvolle, eher filigrane, aromatisch weniger vom Holz geprägte Weine erzeugen, die am besten im Burgunderglas aufblühen. Die berühmte Domaine Ott wäre ein Beispiel oder die Domaine Tempier. Letztere verkaufen daher auf ihrem Weingut ein Burgunderglas einer renommierten österreichischen Glashütte, um genau dies dem Kunden zu zeigen.
Ein perfektes Beispiel dafür, dass der Charakter der Rotweine des Bandols viel stärker vom Ausbaustil als von der Mourvèdre geprägt ist, erlebt man, wenn man den in der Amphore ausgebauten „En Sol“ der Domaine de la Tour du Bon probiert. Dieser reinsortige Mourvèdre zeigt, dass diese Rebsorte im Grunde zu den filigraneren Rebsorten gehört. Es ist ein kühler, filigraner Wein mit feiner Säurestruktur. Blind probiert, glaubt man weder, dass dieser Wein aus Mourvèdre ist, noch, dass er aus den westlichen Ausläufern der Provence stammt. Von seiner Frische und Eleganz ist scheint er im Geiste mit Pinot Noir verwandt.
Neben Mourvèdre, aus der die Rotweine zu mindestens 50% und höchstens 95% bestehen müssen, sind noch Grenache, Syrah, Cinsault und Carignan als rote Rebsorten zugelassen. Dies ergibt für die Winzer einigen Spielraum, um einen individuellen Stil zu entwickeln.

Weinberge Bandol / Domaine Tour du Bon

Foto: P. Jakob

Zu Recht genießen die Rotweine Bandols einen guten Ruf. In den letzten Jahren änderte sich die internationale Wahrnehmung der Weiß- und insbesondere der Roséweine. 2006 schrieb der britische Weinkritiker Hugh Johnson in seiner Autobiographie noch: „Im Anbaugebiet Bandol, das auf den besten Rotwein der Provence stolz sein kann, geraten die Rosés tiefgründiger und runder und sind fast schon ernsthafte Weine.“ Heute, wo Rosés nicht mehr als Zwitterwesen abgetan werden sondern hohes Ansehen genießen, ist Bandol neben Tavel ein Einbegriff für hochwertigen Rosé. Es finden sich einerseits typisch eher „provenzalische“ Stile, also Weine von eher zurückgenommener Frucht und feinwürzigem Charakter, wie z. B. bei der Domaine de la Tour du Bon. Andererseits gibt es auch saftige, fruchtbetonte Rosés, meist mit etwas intensiverer Farbe, z.B. bei Bunan oder Domaine du Gros’Noré. Stilistisch erinnern diese Weine etwas an die Rosés der südlichen Rhône.

Mittlerweile erhalten die Weißweine stärkere Aufmerksamkeit, auch wenn sie noch immer im Schatten der Rosé- und Rotweine stehen. Die Rebsortenvielfalt der Region lässt auch hier sehr viele Stile zu, so dass man keinen festen Weißweinstil in dieser Region definieren kann. Clairette Blanche ist zwar die Leitrebsorte, die mit mindestens 50% und maximal 95% in den Weißweincuvées verwendet werden muss. Als Verschnittpartner werden Ugni Blanc, Bourboulenc Marsanne, Sauvignon Blanc, Semillon und Rolle, die den meisten als Vermentino bekannt ist, verwendet. Somit reicht die Spannweite von frischen, fruchtbetonten über würzig, kräuterige bis hin zu eher milden, vollmundigen Weinen. Häufig zeigen die Weißweine ein sehr gutes Reifepotential.

Blick von Le Castellet

Foto: P. Jakob

Wer in der Provence Urlaub macht, sollte dieser Region einen Besuch abstatten. Zwangsläufig kommt man auf dem Weg von Marseille an die Côte d’Azure durch Bandol. Sollte man keinen längeren Aufenthalt einräumen können, lohnt es sich die Oenotheque de Bandol in Bandol oder das Maison des Vins de Bandol in Le Castellet aufsuchen, in denen man Weine sämtlicher Erzeuger der Region kaufen kann. Dann kann man sich entspannt im Urlaub die Vielfalt dieser Region ertrinken.

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Domaine Weinbach SGN – kurz und prägnant

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Super Farbe. Super Nase. Super am Gaumen. Supergeil.

Danke an Edeka für die Inspiration. Leider gibt es den Wein dort nicht zu kaufen…

EDEKA Supergeil (feat. Friedrich Liechtenstein)

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Deutsche Weinliteratur im Wandel der letzten Jahrzehnte…

Weinbücher_web

Foto: P. Jakob

Es ist schade, wenn man sich viel Mühe für eine Abschlussarbeit macht und diese dann nur noch auf der eigenen Festplatte existiert. Zum Abschluss meines Weinakademiker Studiums (WSET DIPLOMA) an der Weinakademie Österreich habe ich mich entschieden, mich bei meiner Abschlussarbeit der Geschichte und Entwicklung der deutschen Weinliteratur in der Bundesrepublik Deutschland zuzuwenden. Mich interessierte, wie sich die Literatur wandelte und inwieweit man hieraus Veränderungen des Weinkonsumverhaltens ableiten kann. Daran anschließend, habe ich einen kurzen Ausblick auf mögliche Herausforderungen für die gegenwärtige und zukünftige Weinliteratur gewagt. Da die Diploma Arbeit in ihrem Umfang mit 5000 Wörtern definiert ist, musste ich mich an (nicht nur) dieser Stelle kürzer fassen.

Hier geht es zum Text:

Deutsche Weinliteratur im Wandel…

P.S. Auch dieser Text muss, wenn auf ihn zurückgegriffen wird, ordentlich zitiert werden – und die angegebene Adresse ist übrigens nicht mehr aktuell.

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WamS-FAS-Sonntagszeitungsweinkolumnennachlese 06.10.13

Das einzig schöne am Kranksein ist, dass man die Sonntagszeitungen auch am Montag lesen kann. Die Weinkolumnen von Manfred Klimek in der WamS und Stuart Pigott in der FAS sowie Peter Badenhops FAS-Interview mit den Pinot-Winzern Michael Herrick und dem gebürtigen Österreicher Rudi Bauer aus Neuseeland extrem komprimiert:

1. „Deutschlands Weinbloggerszene ist sehr übersichtlich, gut vernetzt, einigermaßen einflussreich und zunehmend sogar einer Meinung, was gute Winzer und ihre Weine angeht.“ (M. Klimek)

2. Es ist wichtiger anzuführen, wer die Flights einer Verkostung zusammengestellt hat, als mitzuteilen, wer eigentlich die Weine verkostet und bewertet hat.

3. Caro Maurer MW wurde unabsichtlich degradiert und zwangsumgeschult.

4. Stuart Pigott entdeckt, dass es auch mehr als Ice Wine in Kanada gibt. Das meiste davon ist in Deutschland aber nicht erhältlich.

5. Es gibt in Kanada Eiswein aus Cabernet Sauvignon.

6. „Nicht nur ist die Wärmesumme für die Vegetationsperiode (1. April bis 31. Oktober) in Niagara höher als die Wärmesummen für Rheingau, Champagne und Burgund; während der Sommermonate ist es sogar wärmer als in Bordeaux.“ (S. Pigott)

Sonntagszeitungen_klein

Foto: P. Jakob

7. Peter Badenhop interviewt neuseeländische Winzer aus „Central Ortago“ (!) und kauft seinen Wein bei Mövenpick. Sagt er nicht, wird aber deutlich.

8. Zwischen 1999 und 2001 gab es in Neuseeland Ausfälle von bis zu 20% aufgrund von TCA. Heute werden nur noch Schrauber benutzt.

9. „In Neuseeland wollen wir klare, reine, makellose Weine machen, während Tropfen wie dieser voller Macken sind. Aber nicht im Sinne von Fehlern. Es ist vielmehr das Alte-Welt-Verständnis von einem großen Wein mit Charakter. Wir dagegen wollen puren, sauberen Geschmack.“ (R. Bauer) Bezieht sich auf 2011 Bourgogne Rouge von Benoît Ente.

10. „Inzwischen gibt es bei uns in Neuseeland allerdings Winzer, die ihre Weine bewusst mit solchen Macken ausstatten, um ihnen Charakter und ein bisschen mehr Funk zu verleihen.“ (M. Herrick)

11. Herrick und Bauer mögen die Weine von Stodden.

12. Badenhop kann nichts ab und verkostet die neuseeländischen Schaumweine nicht.

Klimeks Weinkolumne kann man hier nachlesen und bald auch bei CaptainCork.
Die anderen Artikel sind leider online nicht verfügbar.

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